Standortalternativen im Ortskern vorhanden
Wortlaut aus dem Schreiben der IG:
Standortalternativen im Ortskern vorhanden.
Im Ortskern von Börwang bestehen auf gemeindeeigenen und privaten Flächen Standortalternativen für einen Lebensmittelmarkt in bedarfsgerechter Größe (bis ca. 800qm Verkaufsfläche). Diese weisen eine deutlich günstigere Erreichbarkeit auf und können den Ortskern stärken. Eine belastbare Prüfung der Alternativen durch die Gemeinde fehlt.
Mit den gemeindeeigenen Fläche ist das "Dusch-Gelände" gemeint. Die private Fläche befindet sich westlich des jetzigen Dorfladens.
Inhaltsverzeichnis
Die "Alternativen"
Das Dusch-Gelände
Hier eine Ansicht der Fläche:

(1) ist in Gelb markierte Dusch-Gelände. Das Grundstück hat eine Fläche von ca. 2600 qm. (2) das Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr Börwang. (3) der Dorfladen Börwang.
Die Feuerwehr Börwang benötigt eine Erweiterung um Fahrzeuge, Umkleiden etc. unterzubringen. Dies wurde durch den Feuerwehrbedarfsplan von 2022 festgestellt.
Die ersten Planungen zu einer Erweiterung der Feuerwehr Börwang sind im Gange und eines ist klar: vom Dusch-Gelände wird nicht viel übrig bleiben bzw. lange nicht genug für einen Lebensmittelmarkt.
Das hat mehrere Gründe:
Die neue Halle muss groß genug sein für vier Fahrzeuge. Mit genügend Fläche davor und einer Ausfahrt wird schnell klar, dass deutlich mehr Fläche für die Feuerwehr verwendet wird als die Feuerwehr Börwang heute schon hat.
Selbst wenn nur die Hälfte des Grundstücks für die Feuerwehr benötigt würde, wären nur noch ca. 1300qm übrig für ein Lebensmittelmartk plus Parkplätze.
Zur Einordung der Zahlen: Der Wildpoldsrieder Markt steht auf einer Fläche von ca. 3900 qm und hat eine Verkaufsfläche von ca. 800 qm. Solch ein Markt hätte also auf dem Dusch-Gelände keinen Platz - selbst ohne Feuerwehrerweiterung.

Wer sich über die "verschwendete" Fläche für Parkplätze erzürnt... Parkplätze sind unbedingt notwendig.
Selbst der CAP Markt in Betzigau wäre - rein auf den qm-Bedarf bezogen - eine enge Sache:

Die benötigte Fläche ist hier schwieriger ersichtlich: Das Gebäude wird nicht nur vom CAP Markt verwendet. Allerdings hat solch eine Mehrfachnutzung auch wiederum andere Vorraussetzungen z.B. mehr Parkplätze für Mieter etc. Man könnte also auch noch wesentlich mehr qm in Betracht ziehen.
Dazu kommt, dass nicht nur die Fläche verfügbar sein muss, sondern auch eine praktikablen Zuschnitt haben muss. Ob sich also auf dem Reststück des Dusch-Geländes ein Gebäude und Parkplätze mit genügender Größe unterbringen lässt, steht in den Sternen.
Zur Finanzierbarkeit sind zwei Dinge zu sagen: Wenn ein Investor das Gebäude bauen soll, ist entweder ein reiner, größerer Markt mit ca. 800qm Größe notwendig oder eine Mehrfachnutzung zusätzlich zum kleinen Markt - die eben zusätzliche Anforderungen hat.
Das private Grundstück
Die private Fläche befindet sich neben dem Dorfladen und hat eine Fläche von ca. 2600 qm. Die IG behauptet, das Grundstück hätte 2900 qm - dies ist nicht korrekt.

(1) das private Grundstück. (2) der Dorfladen Börwang, (3) Kreuzung St. 2055/Klosterweg.
Das Grundstück wäre für einen Markt mit ca. 800qm immer noch recht klein (der Markt in Wildpoldsried benötigt ca. 3900qm, siehe oben). Aber selbst mit weniger Verkaufsfläche und Parkplätzen ist dies keine Alternative wie die IG behauptet.
Der Investor kann sich das Grundstück nicht leisten und würde daher von der Gemeinde Geld benötigen um den Kauf zu tätigen.
Die Wirtschaftlichkeit der Investition (Kauf Grundstück, Markt bauen und verpachten) geht also nur auf, wenn die Gemeinde Geld zuschießt.
Dabei ist zu beachten: die Gemeinde hätte keinen Vorteil einer Verzinsung zu marktüblichen Konditionen. Wenn das der Fall wäre, könnte sich der Investor das Geld von der Bank leihen...
Es geht hier also um Wirtschaftsförderung seitens der Gemeinde. Aus gutem Grund wurde das abgelehnt. Welches Signal so eine Förderung senden würde, ist nicht zu unterschätzen. Was hindern jeden anderen Gewerbetreibenden daran ebenfalls eine Förderung z.B. für eine neue Produktionsstätte zu verlangen? Mit welchem Argument könnte die Gemeinde dies ablehnen?
Der Preis des Grundstückes ist öffentlich nie bekannt gemacht worden. Die IG kennt den Preis und schiebt das Problem an die Gemeinde weiter und verhält sich so, als ob das alles kein Problem darstellen würde und das Grundstück eben eine Alternative darstellt.
Zur Förderung des Investors durch die Gemeinde kommt aber noch mehr: es wird eine Linksabbiegerspur benötigt.
Das wird hier ersichtlich:

Im Bereich der Einfahrt (1) beginn die Sperrfläche bzw. Fahrbahnteilung für den Kreisel (3) und der Klosterweg zweigt von der St2055 ab (2).
Wenn für den Feneberg an der Steige bei durchschnittlich 3800 Fahrzeugen eine Linksabbiegerspur notwendig ist dann ist an dieser Stelle (bei 5000 Fahrzeugen täglich) eine Linksabbiegerspur unabdingbar.
Diese zahlt der Investor garantiert nicht: der kann sich ja nicht einmal das Grundstück selbst leisten.
Für eine Linksabbiegerspur müsste zumindest von dem Grundstück ein Teil für den Fahrradweg verwendet werden um die Verschwenkung der St2055 zu realisieren d.h. die nutzbare Fläche wird verringert. Die Kosten für die Spur selbst dürften ca. 200000 Euro betragen d.h. die kommen zur Förderung seitens der Gemeinde also noch hinzu.
Bei einem hohen sechsstelligen Betrag Zuzahlung seitens der Gemeinde von einer echten Alternative zu sprechen ist nicht seriös. Der Markt an der Steige kostet die Gemeinde nichts - das Grundstück konnte sich der Investor leisten und die Linksabbiegerspur dort wird ebenfalls vom Investor bezahlt.
Selbst wenn die Gemeinde das Geld in der Portokasse hätte: mit dem Geld könnten wahrscheinlich Projekte angegangen werden die einen höheren sozialen Nutzen haben als ein Lebensmittelmarkt (siehe unten).
Erreichbarkeit
Erreichbarkeit mit dem Auto ist in allen Varianten identisch - ob 30 Sekunden länger im Auto gesessen wird oder nicht spielt keine Rolle.
Nur mit dem Auto werden Einkäufe erledigt die den jeweiligen Standort überleben lassen. Lebensmittelmärkten sind profitabel wenn größere Einkäufe erledigt werden - vom gelegentlich gekauften Stück Butter überlebt kein Markt.
Aber größere (und die allermeisten kleineren) Einkäufe werden zu ca. 80% mit dem Auto erledigt. Das ist gut erforscht und belegt. "Aktionskäufe" (also spontane Käufe) werden laut dieser Studie zwar zu 20% zu Fuß erledigt... das betrifft aber vor allem Käufe zum Sofortverzehr d.h. Currywurst, Butterbreze, Döner etc. Das ist hier nicht relevant, da Börwang keine Fußgängerzone hat.
Erreichbarkeit zu Fuß oder Fahrrad ist auch an der Steige gegeben. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass der Fußweg zur Steige im Durchschnitt vergleichbar ist mit dem zum alten Dorfladen - beide sind am jeweils anderen Ende der St2055 - und die Verteilung der Häuser in Börwang bedeutet eben einen vergleichbaren Weg. Wer den Hang mit leeren Händen und Taschen nach oben läuft, kann leichter mit vollen Taschen nach unten gehen... umgekehrt ist das nicht der Fall. Warum hat die IG etwas gegen Börwanger*innen die am Hang wohnen?
Bergauf mit dem Fahrrad ist kein größeres Problem. Der in Frage kommende Personenkreis dürfte entweder über die Muskeln oder ein E-Bike verfügen. Der Rest fährt mit dem Auto und einige wenige werden zu Fuß den Markt erreichen - egal wo sich dieser befindet.
Hier eine Ansicht von Börwang die das darstellt:

Der geplante Feneberg (1) und der aktuelle Dorfladen bzw. Alternative "Privatgrundstück" (2).
Die St2055 teilt Börwang grob in zwei etwa gleich große Teile. Der obere Teil des Bildes liegt mehr oder weniger deutlich "am Hang" d.h. dort ist schon ein deutlicher Höhenunterschied zum alten Dorfkern vorhanden.
Welcher Standort also einen Vorteil hat in Bezug auf die fußläufige Erreichbarkeit wird, nicht überraschend, hauptsächlich vom Wohnort bestimmt. Zu behaupten die Alternative "Privatgelände" wäre besser erreichbar ist objektiv nicht haltbar.
Stärkung des Dorfkerns
Tatsächlich ein Punkt über den man trefflich Streiten kann und die IG einen Punk hat. Besonders, weil "Stärkung des Dorfkerns" alles mögliche bedeuten kann.
Der Dorfkern wird als Treffpunkt durch ein Lebensmittelgeschäft welches stark frequentiert wird aufgewertet - das steht außer Frage. Der jetzige Dorfladen schafft das nicht - das wird aus Umsatz- bzw. Verlustzahlen deutlich.
Allerdings stellt sich die Frage ob ein Lebensmittelmarkt die einzige oder zumindest die beste Variante darstellt den Dorfkern zu stärken. Nicht nur die Verfügbarkeit von Grundstücken, sondern auch finanzielle Aspekte spielen eine Rolle.
Mehr dazu hier.
Belastbare Prüfung durch Gemeinde fehlt
Falsch. Dusch-Gelände ist keine Option wegen der Erweiterung der Feuerwehr. Solange die Planung für die Erweiterung der Feuerwehr nicht abgeschlossen ist d.h. endgültige Pläne für die Erweiterung vorliegen kann das Dusch-Gelände nicht in Betracht gezogen werden. Erst die Pflicht, dann die Kür. Über was sollte der Gemeinderat beraten, wenn nicht einmal feststeht ob von diesem Grundstück etwas übrig bleibt?
Die Tatsache, dass für das Privatgrundstück eine substantieller Zuschuss der Gemeinde notwendig ist plus noch nicht absehbare zusätzliche Kosten (u.a. Linksabbiegerspur) hat zum Verwerfen dieser Option durch den Gemeinderat geführt. Die Gemeinde Haldenwang hat keine überquellenden Kassen, sondern muss sehr genau überlegen für was Geld ausgegeben werden kann.
Zuerst einmal die Pflichtaufgaben. Diese haben und werden die Gemeindekasse stark belasten. Dazu gehören die Erweiterungen der Kindergärten, der Umbau der Schule bzw. Nachmittagsbetreuung, Feuerwehrauto und Halle für die FFW Börwang etc.
Ob zusätzliche Mittel - die höchstwahrscheinlich aus Krediten stammen werden - sinnvoll investiert sind indem ein Zuschuss für einen Lebensmittelmarkt gewährt wird, ist mindestens zweifelhaft.
Sollte solch hoher Betrag verfügbar sein, stellt sich die Frage ob das Geld nicht sinnvoller investiert werden könnte. Die Forderung der IG nach einem Plan für die Dorfentwicklung Börwang ist hierfür zu begrüßen. Aber auch hier gilt: Zuerst die Pflicht, dann die Kür.
Angebote die auch außerhalb der Öffnungszeiten eines Lebensmittelmarktes genutzt werden können sind hier zu möglicherweise die bessere Investition z.B. Dorfgemeinschaftshaus, Jugendtreff oder ähnliches.